Spielzeit 2015/2016- Der Besuch der alten                                                      Dame


Besucher und Besuchte - Rollenbiografien

Henri Ebert als Alfred Ill:

„Nun, der Krämerberuf genießt ja nun allgemein ein recht geschmälertes Ansehen, wie schnell ist man "windig" und der Daumen mit auf der Waage gewesen. Aber wie stets in der Historie spiegelt sich die Regel in einer Ausnahme wieder: Mich, Alfred Ill! Nicht, dass ich mich in meiner Selbstdefinition sonderlich von meinen Arbeitskollegen abgehoben hätte, nicht dass meine Methoden andere wären; Nein der Unterschied liegt klar im Umfeld: Die Stadt Güllen hat einfach einen Narren an mir gefressen! Und so lebt es sich doch nicht gar zu arg, wenngleich man in der verarmtesten Stadt der ganzen Schweiz wohnt. Man will mich alsbald zum neuen Bürgermeister wählen, man denke sich nur!

 Ansonsten merkt man aber sehr wohl die Armut. Die Leute kaufen das Nötigste, manchmal weniger. Man ist insgesamt recht niedergeschlagen, einfach weil das ganze Kaff den Bach runterging, und zwar schon vor einer ganzen Weile. Und da komme wiederum ich ins Spiel:  Claire Zachanassian - die Frau mit den Milliarden, sie wird bekannt sein - kündigte ihren Besuch in unserer Gemeinde an und ich, der ich nun in vergangenen Zeiten ein, nun ja... inniges Verhältnis zu ihr habe pflegen dürfen, spüre nun die Erwartungen der Menschen auf meinen Schultern ruhen. Aber sie war ja schon damals ganz mir verfallen und entgegen anderslautenden Gerüchten habe ich auch nichts vor einem Wiedersehen mit meiner ehemaligen Geliebten zu befürchten. also, ich meine nur, falls man was davon gehört haben sollte...“



Juliane Witschel als Claire Zachanassian:

„Mein Name ist Claire Zachanassian. Ich hieß ursprünglich Klara Wäscher und war die Geliebte von Alfred Ill. Ich stamme aus einem armen Elternhaus aus dem Städtchen Güllen und wurde, als ich mit 17 Jahren schwanger von Alfred Ill wurde - meiner großen Jugendliebe – von diesem verleugnet und verlassen. Er bestritt die Vaterschaft des Kindes gar vor Gericht und gewann den Prozess durch Bestechung angeblicher Zeugen. Diese behaupteten fälschlicherweise, mit mir geschlafen zu haben. Dies zerstörte meinen Ruf in aller Öffentlichkeit - ich war eine „Schlampe“, verließ deshalb voller Schande und verletzt meine Heimatstadt und floh nach Hamburg. Das Kind musste ich an Pflegeeltern abgeben, dort verstarb es nach einem Jahr. Schlussendlich blieb mir als einzige verbleibende Möglichkeit das Bordell, wo ich meinen späteren Ehemann traf, den alten armenischen Milliardären Zachanassian. Dieser verhalf mir nicht nur zum Ausstieg aus dem Metier, sondern auch zu Reichtum und der damit verbundenen Macht.

Seit meiner Flucht schwor ich mir verbittert, zurückzukehren und Rache zu üben für die Ungerechtigkeit und das Leid, die mir zugefügt wurden. Dieses Ziel brennt in meiner Seele und der Hass über den Verrat veränderte meinen Charakter, machte mich hart und unerbittlich.

Jetzt bin ich 62 Jahre alt und kehre, diesmal unter dem Namen Claire Zachanassian, in den Ort, in dem mir das Unrecht widerfahren ist, zurück, um mich an meinem ehemaligen Liebhaber zu rächen. Nicht nur seelisch sondern auch körperlich erlitt ich in meinem Leben Schäden. Mein Körper besteht zum größten Teil aus Prothesen, aufgrund eines Autounfalls und eines Flugzeugabsturzes. Ich bin unglaublich zäh und überlebe widrigste Bedingungen und Krisen, doch jedes Mal verliere ich dabei einen Teil von mir. Die Prothesen drücken gleichsam auch die Gegensätzlichkeit meiner äußeren Erscheinung aus. So wirkt ich mit der unverhohlenen Zurschaustellung meiner Prothesen zwar grotesk, gleichzeitig aber auch graziös und elegant.

Ich habe auch eine dominante Ader, die besonders Männer zu spüren bekommen. Die Männer meines engeren Umfeldes sind entweder gekauft oder entmannt (tatsächlich und oder symbolisch). Ich habe das Lieben verlernt. Ich bin gefühllos und kalt geworden, sodass die Ehe für mich nur noch ein Geschäft ist."



Peter Ambos als Butler Boby:

„Mein Name ist Hofer, genannt Boby. Einst war ich Oberrichter am Gericht zu Güllen, danach Richter am Appellationsgericht Kalberstadt, bevor Kla-... entschuldigen sie bitte, Claire Zachanassian mich in ihre Dienste stellte. Seitdem ziehe ich mit ihr durch die Lande, oder sollte ich sagen, ziehe sie durch die Lande. Verzeihen sie den Witz, dass Leben als Butler ist verständlicherweise uninspirierend.“



Sebastian Berger als Gatte(n) der Zachanassian:

„Küss’ die Hand, gnä’ Frau. Gestatten, Moby, Hoby und auch Zoby: Ich bin der Gatte, nunja, drei der zahlreichen Gatten Claires.

Schön, reich, Tabakplantagenbesitzer, Filmschauspieler, Nobelpreisträger, aber eben auch vollkommen bedeutungslos. Als Toyboy Claires fungiere ich, begründet durch ihr schweres Trauma, weiterhin als Kompensation ihrer emotionalen Kälte und tiefsitzenden Verschlossenheit gegenüber wahrhaftiger Liebe.

Selbst wissenschaftlich herausragende Kenntnisse wie exzellente Wiener Manieren vermögen nichts an der Sinnlosigkeit meines Daseins und dessen non-existenter Einflussnahme auf den Lauf der Geschichte zu ändern – meine Namen Moby, Hoby und Zoby sind zwecks Austauschbarkeit meiner Person dem des weitaus beständigeren Kammerdieners der Claire, Boby, angepasst.“



Florian Lange als Lehrer:

„10, 20, nein 30 Jahre unterrichte ich nun schon die Güllener Studenten in Altgriechisch und Latein. Und man möchte es nicht glauben was manche Schüler mir als Aufsätze abgeben...

Aber das sind nur die wenigsten, denn in unserem Städtchen nimmt jeder seine Aufgaben ernst. So habe ich mir die Aufgabe gestellt nach unseren alten Vorbildern der Jugend Moral, Courage und ethisches Denken beizubringen. Denn nicht um sonst hat Goethe hier übernachtet und Brahms eine Oper komponiert. Nur ist von der alten Größe unserer Stadt nicht viel übrig. Kein Glanz und keine Gloria sind mehr vorhanden. Nur noch der Schatten von damals, welcher auch nur sehr entfernt erahnen lässt was für eine wunderbare Stadt Güllen mal war. Durch den Besuch der Claire Zachanassian erhoffe ich mir ein Ausbau des Bildungswesen und der künstlerischen Einrichtungen. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun damit sie eine musikalische Zeit hier verbringen kann. Wenn sie unsere Armut sieht wird sie keine andere Wahl haben als uns mit Spenden zu überschütten.“



Anna Maria Erler als Polizistin:

„Ich bin die Polizeiwachtmeisterin der kleinen Stadt Güllen. Ich versuche mein bestes zu geben, damit sich jeder in der Stadt sicher fühlt, zufrieden ist und in allen Lebenslagen keine Probleme hat. Ich denke, dass es in keiner Stadt eine so beliebte Polizeiwachtmeisterin wie mich gibt, das soll auch so bleiben und dafür gebe ich alles, wirklich alles. Das Wohl der Männer, aber natürlich auch ihrer Frauen ist mein tiefstes Bedürfnis und dafür kämpfe ich mit allen einer Frau verfügbaren Mitteln.“



Pascale Köhler als Pfarrerin:

„Als Pfarrerin unseres kleinen Städtchens Güllen bin ich in der Pflicht, all unseren frommen Bürgern und Bürgerinnen Mut zu spenden, wenn sie einen Kampf austragen, sei es nur ein Kampf im übertragenen Sinne. Doch Geld, Macht und die Aussicht auf ein besseres Leben machen es selbst mir, die ich nur auf unseres Gottes Weisheit hören sollte, manchmal schwer, die Moral zu halten, die ich predige...“



Friederike Kamm als Ärztin:

„Frau Doktor Nüßlin ist mein Name, Ärztin und Metzgerin der Gemeinde Güllen. Den Menschen in meiner Stadt versuche ich zu helfen wo ich nur kann. Ich bin wegen meines Berufes in Güllen hoch angesehen. Ich bin eher wortkarg. Bei meinem Beruf bedarf es nicht vieler großer Reden. „Tot“, „Schlaganfall“, „Verstand verloren“ viel mehr muss ich auch nicht sagen damit mich Jeder versteht. In der eher ländlichen Gegend in der Güllen gelegen ist, habe ich oft weite Strecken zurückzulegen um zu meinen Patienten zu gelangen. Aus diesem Grund bin ich stolzer Besitzer eines Mercedes aus dem Jahre ´32. Mit meiner Heimatstadt bin ich schon immer tief verbunden, deshalb lehnte ich auch den Lehrauftrag der Universität zu Erlangen ab. In mir ist der Wunsch tief verwurzelt, dass Güllen eine aufstrebende Wirtschaftsmetropole wird, dies wird hoffentlich durch den Besuch der Claire Zachanassian erfüllt. Gerne denke ich zurück an die Zeit als Bockmann, die Wagnerwerke und die Platz-an-der-Sonne-Hütte noch liefen. Vielleicht ändert sich ja etwas wenn Ill, der Krämer, erst Bürgermeister ist?“



Nadja Weinhold als Mathilde Ill:

„Mein Name ist Mathilde Ill, mittlerweile Mitte 60. Wie eigentlich alle von uns, bin ich nie großartig aus unserem Güllen herausgekommen. Meine gesamte Kindheit habe ich hier verbracht. Damals lebte ich noch im Wohlstand und überhaupt ganz Güllen blühte. Alfred und ich sind zusammen aufgewachsen, doch er hatte immer nur Augen für Klara.  Als sie dann weg war, stellte er mir auf einmal nach und da ich sowieso schon ewig in ihn verliebt war, hat es nicht lange gedauert und wir haben geheiratet. Im Laufe der Jahre kamen dann unsere zwei Töchter hinzu, im Grunde ganz gelungen, glaube ich.

Mit Güllen ging es immer mehr bergab und so wurden auch wir arm. Ich meine, ich habe kein Problem damit, aber Wohlstand tut einem ja nicht weh. Alfred übernahm irgendwann den Laden seines Vaters und damit kommen wir heute einigermaßen über die Runden. Wir sind schließlich eine Familie und halten zusammen, glaube ich.

Dass Claire auf einmal wieder aufgetaucht ist, finde ich schon erstaunlich.... Sie hat's im Leben zu was gebracht, ist reich geworden. Wie lieb von ihr, dass sie uns nicht vergessen hat.

Alfred verbringt viel Zeit mit ihr, doch sie kann ihn mir nicht mehr nehmen. Immerhin haben wir die letzten Jahrzehnte zusammen durchgestanden. Und das mit der Forderung für die Milliarde hat sie sicherlich auch nicht so gemeint. Sie ist doch immer noch die kleine Kläri Wäscher. Wenn man mich fragt, macht Alfred sich da zu sehr verrückt. Wir können ruhig unseren Vorteil aus den florierenden Geschäften ziehen. Nicht mehr jeden Pfennig dreimal umdrehen zu müssen, das wär' schon was.“



Tom Wilde und Leo Richter als Koby und Loby:

„Wir sind Koby und Loby, wir sind Loby und Koby. Als die Dame noch in Güllen lebte und als Kläri Wäscher bekannt war, ließen wir uns von Ill bestechen und sagten vor Gericht falsch aus, bevor wir nach Kanada beziehungsweise Australien auswanderten. Eigentlich heißen wir Jakob Hühnlein und Ludwig Sparr, vielleicht auch Ludwig Sparr und Jakob Hühnlein – wer weiß das schon genau? Unsere heutigen Namen erhielten wir, nachdem uns die Dame gesucht, gefunden und unsere Männlichkeit und Sehkraft genommen hatte. Doch eigentlich können wir uns nicht beschweren, immerhin bekommen wir Koteletts und Schinken – alle Tage, alle Tage. Sind kastriert und geblendet, kastriert und geblendet..“



Maria Sehrt als Bürgerin Güllens:

„Arm, verlodert, eher vegetierend als existierend: So kann man mich wohl sehr treffend beschreiben. Mein Name ist Helmesberger, seit meiner Geburt vor etwa 65 Jahren bin ich Bürgerin der Stadt Güllen, welche ich noch in ihrer Blüte erleben durfte. Einst eine florierende Kulturstadt, musste ich den Verfall meines Städtchens mitansehen und – gewissermaßen – mit ihr verfallen. Auch ich trage eine gewisse Verantwortung für den Ruin Güllens, habe ich doch in meinem Leben niemals den Willen zu Initiative oder Veränderung gezeigt, um die sukzessive Verschlechterung des Stadtbildes aufzuhalten. Nun lebe ich von der Suppenanstalt, bin seit vielen Jahren arbeitslos, Steuern zahle ich schon lange nicht mehr. Gemeinsam mit den anderen Güllenern verbringe ich das Groß meiner Zeit mit Nichtstun, trinken, rauchen und sporadischen Gesprächen. Interesse für Politik, Umwelt, Geschichte oder Kulturelles habe ich nicht, mein eigenes tägliches Brot beschäftigt mich deutlich intensiver. Auch äußerlich unterscheide ich mich nicht sonderlich von meinen Mitbürgern, man könnte uns beinahe als konforme, korpulente, verwahrloste, unästhetische Masse beschreiben. Ich trage eher Lumpen als Kleidung am Körper, seit Jahren dieselben zerfledderten Hemden und Hosen.“



Hanna Siebert als Zugführerin:

„Ich bin der Zugführer, ehrenwertes Mitglied der noch ehrenwerteren Deutschen Bahn und es ist eine Schande, wenn Leute grundlos den Zugverkehr aufhalten, darauf reagiere ich absolut allergisch. Doch bei einer Frau Zachanassian ist das natürlich etwas anderes… Mein Beruf ist meine Berufung, dazu stehe ich. Die Deutsche Bahn muss in Ehre gehalten werden!“

 

Hanna Siebert als Ottilie Ill:

„Mein Vater ist pleite, na und? Er hat mich noch nie so wirklich interessiert. Ich gebe eben gerne Geld aus und da ich mir von ihm ja keines erhoffen kann muss ich es mir eben selbst erarbeiten (na toll)! Das Aussehen bedeutet mir alles – ich meine, wer würde schon mit einem Kartoffelsack befreundet sein wollen?“



Max Deckwert "der Faule" als Bürgermeister



Anna Schulze als rasende Reporterin



Josefa Große als besorgter Bürger Güllens



Clemens Martin als Sohn Ills



Mirko Zeder spielt den Regisseur